Reiseveranstalter, die in einem oligopolistischen Markt agieren, müssen – dies lehrt die mikroökonomische Theorie der Marktformen – sowohl die Nachfrage als auch die Konkurrenzsituation bei ihren Preisentscheidungen berücksichtigen.
Insofern finden wir bereits hier eine Begründung für die Notwendigkeit einer (auch) konkurrenzorientierten Preisbildung. Die einfachen Marktmodelle der Volkswirtschaftslehre bauen auf einigen idealtheoretischen Prämissen auf:
- Homogenität der Güter/vollkommene Gütersubstituierbarkeit,
- keine Nachfragerpräferenzen (persönlich, räumlich, zeitlich),
- vollkommene Markttransparenz,
- rationales Verhalten der Marktteilnehmer (homo oeconomicus), unendlich hohe Reaktionsgeschwindigkeit.
Wir finden hier also die Fiktion des vollkommenen Marktes vor; das Preis-Leistungs-Verhältnis wird nicht berücksichtigt, so dass das Marketing-Instrumentarium des Reiseveranstalters durch eine absolute Dominanz der Preispolitik geprägt ist. Aufgrund dieser realitätsfernen Prämissen haben die volkswirtschaftlichen Modelle der Preisbildung nur einen sehr geringen Aussagewert für die konkrete unternehmerische Preisentscheidung. Letztlich müsste sich auf einem oligopolistischen Reiseveranstaltermarkt immer ein einheitlicher Preis ergeben - die Realität lehrt uns besseres. Es bleibt also festzuhalten, dass die unrealistischen Prämissen nicht den Anforderungen an realtheoretische Modelle entsprechen.
- Kalkulationsstrategien - ein Überblick
Kalkulation kann auf zweierlei Richtungen zielen: Ex-ante geht es um die Festlegung von Kundenendpreisen; ex-post hingegen im Sinne einer Nachkalkulation um Aspekte des Controllings. In den folgenden Ausführungen soll lediglich das erste Ziel der Kalkulation, nämlich Kundenendpreise zu „errechnen“, verfolgt werden.
Die ex-ante-Kalkulation im engeren Sinne kann inhaltlich gleich gesetzt werden mit derKostenträgerrechnung. Demnach sind in einem ersten Schritt die relevanten Kostenarten zu ermitteln, bevor die anfallenden Kosten in einem zweiten Schritt auf die Kostenträger (= touristische Produkte) verrechnet werden. Man unterscheidet hierzu grob die Varianten der Vollkostenrechnung sowie der Teilkostenrechnung (hier insbesondere die Deckungsbeitragsrechnung, speziell die auf Basis relativer Einzelkosten nach Riebel).
- kostenorientierte Preisfindung
Ausgangspunkt und Informationsbasis der kostenorientierten Preisfindung bilden die Daten des Rechnungswesens (insbesondere der Kosten-Leistungs-Rechnung/KLR). Diese Quelle liefert z.B. die Kosten der touristischen Eigenleistungen oder die Gemeinkosten. Als zweite zentrale Informationsbasis dient der touristische Einkauf: Die abgeschlossenen Verträge über die von den verschiedenen Leistungsträgern zur Verfügung gestellten Grundleistungen enthalten auch die erforderlichen Informationen über die Kosten dieser Reisevorleistungen.
- nachfrageorientierte Preispolitik
Die Rolle des Preises im Rahmen der Reiseentscheidung
Eine Vielzahl von Determinanten beeinflusst – auf realen und damit unvollkommenen Märkten – die Reiseentscheidung eines Interessenten:
Determinanten der Reiseentscheidung
- Produktpräferenzen
(Destination/Reiseziel, Unterkunftsart und -niveau etc.),
- Veranstalterpräferenzen
(Image des Reiseveranstalters, regionale Präsenz etc.),
- Verfügbarkeit der Reiseleistung
(freie Kapazität, zeitliche und räumliche Verfügbarkeit etc.),
- Kosten
(Reisepreis (Katalogpreis des Reiseveranstalters); Art, Umfang und Höhe der Nebenkosten am Reiseziel; Lebenshaltungskosten im Reiseziel und Wechselkurse etc.),
- u.v.m.
Die Bedeutung des Reisepreises (im Vergleich zu anderen Determinanten) im Rahmen der Reiseentscheidung ist somit u.a. abhängig von:
- dem Preisinteresse des Einzelnen: Dieses ist wieder, analog zur Preiselastizität der Nachfrage (s.o.), von verschiedenen Faktoren abhängig.
- der Preiskenntnis des Einzelnen. Hierunter versteht man das in der Vergangenheit erworbene und in der aktuellen Periode noch verfügbare Wissen über Reisepreise. Eine ausreichende Preiskenntnis wird vielfach kurzfristig im Vorfeld der Buchung erworben bzw. aktualisiert.
Provisionssysteme
Als Provision wird allgemein eine Vergütung bezeichnet, die ein Unternehmen (im Tourismus meist: Reisemittler) von einem anderen Unternehmen (Tourismus: Reiseveranstalter oder Leistungsträger wie z.B. Airline, Mietwagenfirma, Versicherungsgesellschaft etc.) dafür erhält, dass es dessen angebotene Leistungen (Pauschalreisen, Flüge, Mietwagen, Versicherungspolicen etc.) an Dritte (meist Endkunden) vermittelt. Das vermittelnde Unternehmen (Reisemittler) hat dabei i.d.R. den handelsrechtlichen Status eines Handelsvertreters inne, das vermittelte Unternehmen den des Handelsherren (vgl. § 84 HGB). In dem zwischen den beiden Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrag (hier: Agenturvertrag) ist dann u.a. der gesetzlich vorgeschriebene (vgl. §§ 87, 86b, 354 HGB) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gegenüber seinem Handelsherren detailliert geregelt. Üblicherweise werden dabei sog. Abschlussprovisionen (Vermittlungsprovisionen) vereinbart. Darüber hinaus können z.B. sogenannte Delkredereprovisionen oder Inkassoprovisionen (falls der Handelsvertreter auch für die Einbeziehung der Kundengelder verantwortlich zeichnet) vereinbart werden.
Die Abschlussprovision wird oft in den Agenturverträgen differenziert nach:
- Basisprovision (Grundprovision),
- Staffelprovision (Zusatzprovision, Umsatz-Block-Bonus) und
- Superprovision (Leistungsprovision, Steigerungsprovision, Turboprovision, Overriding Commission).
Die in der Branche gebrauchten Begrifflichkeiten sind hier keinesfalls eindeutig oder gar hermeneutisch logisch. So kann man bei manchen Veranstaltern aufgrund einer negativen Superprovision (Malus) auch unter die Basisprovision fallen, oder als Basisprovision wird der höchste Prozentsatz einer Staffel bezeichnet (erreicht man den dafür erforderlichen Mindestumsatz nicht, verdient man also weniger als die Basisprovision). Oft wird auch Zusatzprovision mit Superprovision gleichgesetzt.
Über viele Jahrzehnte war es in der Reisebranche üblich, die (Basis-)Provision im Sinne eines Prozentsatzes auf die Höhe des vermittelnden Umsatzes zu berechnen. Dieser lag branchenüblich – ab einem bestimmten vom Reisemittler beim einzelnen Leistungsanbieter zu realisierenden Mindestumsatz – bei etwa 10%. Die ggf. auf die Provision entfallende Mehrwertsteuer wurde vom Veranstalter zusätzlich vergütet.
- die Höhe des (Basis-)Provisionssatzes wird reduziert, teilweise sogar auf 0% gesetzt (sog. Nullprovision, die den Reisemitter dazu zwingt, direkt vom Kunden ein Entgelt zu verlangen; dadurch entwickelt sich der Reisemittler vom Handelvertreter zum eigenständigen Händler);
- an die Stelle einer prozentualen Provisionsberechnung tritt eine umsatzunabhängige Fixsumme je Buchung (Handling Fee, Flat Fee).
Bei Staffelprovisionen wird die Provisionshöhe (meist in Prozent) über eine Basisprovision hinaus in Abhängigkeit von der absoluten Höhe des vermittelten Umsatzes gestaffelt.
Bei Superprovisionenhandelt es sich um zusätzliche Provisionen, meist gemessen in Prozentpunkten, die – wie auch immer definierte – besondere Leistungen des Reisemittlers belohnen sollen. Diese besonderen Leistungen werden meist an den jährlichen Umsatzsteigerungen (bezogen auf den provisionsgewährenden Veranstalter) gemessen: Wächst der vermittelte Umsatz im Vergleich zum Vorjahr, erhält der Reisemittler eines Bonus. Um diejenigen Reisemittler zu bestrafen, die vom Veranstalter wegsteuern, werden diese oft analog mit einem sog. Malus bestraft. Um die Entwicklung des Gesamtmarktes sowie des betreffenden Veranstalters zu berücksichtigen, wird die Umsatzentwicklung des Reisemittlers (bezogen auf einen Veranstalter) vielfach mit der Umsatzentwicklung des Veranstalters verglichen: Sinkt der Umsatz des Veranstalters stärker als der auf diesen Veranstalter bezogene Umsatz des Reisemittlers, darf dieser nicht mit einem Malus bestraft werden. Zu regeln ist insbesondere, ob die Superprovision nur auf den Mehrumsatz (ab einer bestimmten Umsatzgrenze) oder aber auf den gesamten erzielten Umsatz anzuwenden ist (wobei dann auch rückwirkend, d.h. höher als ursprünglich berechnet, vergütet wird).
Andere Modelle honorieren z.B. bestimmte Anstrengungen des Reisemittlers in Bezug auf Marketingaktionen oder Mitarbeiterfortbildung, sofern diese spezifisch auf den provisionsgewährenden Veranstalter bezogen sind. Oft wird auch der Abverkauf bestimmter Reisen, die der Veranstalter in den Markt drücken möchte, mit einer Superprovision belohnt. Über einen solchen Bonus können Reisemittler ihre Gesamtprovision i.d.R. um 1 bis 5% anheben.