Während Klimaprobleme global sind, haben Lärmemissionen lokale Auswirkungen. Sie stehen mehr und mehr im Fokus, da der Luftverkehr wachsen wird und Kapazitätserweiterungen an Flughäfen diskutiert werden. Der Bürgerwiderstand gegen Bahn-, Flug- und Industrielärm steigt kontinuierlich, deshalb werden Bauprojekte teurer und dauern länger. Es entsteht dadurch ein großer Interessenskonflikt, der den Wirtschaftsstandort Deutschland gefährdet. Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes, zufolge ist Lärm die Umweltbelastung, die am stärksten unterschätzt wird.
Flug- und Bodenlärm
Bei der Lärmentstehung wird zwischen Flug- und Bodenlärm unterschieden. Fluglärm resultiert aus den Start- sowie Landebewegungen der Flugzeuge durch Triebwerksgeräusche und aerodynamischen Lärm, welcher beispielsweise durch das Ausfahren der Landeklappen und des Fahrwerks verursacht wird. Der Betrieb am Flughafen, wie Frachtumschlag oder Werftarbeit, trägt genauso wie die Rollbewegungen der Fluggeräte zum Bodenlärm bei. Der Anlagenlärm hingegen, welcher die Gepäckabfertigung und den Passagiertransfer beinhaltet, betrifft ausschließlich das Flughafengelände und hat keine Auswirkungen auf das Umland. Im Gegensatz zum messbaren Schall, ist Lärm subjektiv zu betrachten, da es von vielen Faktoren, wie etwa Dauer, Häufigkeit, Tageszeit oder der persönlichen Stimmung abhängt. Die Bevölkerung wird zudem immer lärmempfindlicher. Im Jahr 2010 wurde eine Befragung durchgeführt, bei welcher der Verkehrslärm als der wichtigste Störfaktor der Lärmbelästigung identifiziert wurde. 29 Prozent davon entfällt auf den Fluglärm. Allein in Frankfurt erhält der Deutsche Fluglärmdienst e.V. (DFLD) etwa 500.000 Lärmbeschwerden pro Jahr, welche jedoch objektiv betrachtet meist unbegründet sind.
Schalldruckpegel und Folgen der Lärmeinwirkung
Die Maßeinheit vom Schalldruckpegel unter Berücksichtigung von hohen und tiefen Tönen ist dB(A), wobei die Hörschwelle bei null Dezibel liegt. Der zehnfache Schall entspricht 10 dB(A), allerdings bedeutet ein um 10 dB(A) höherer Schall eine um 50 Prozent lautere Wahrnehmung der Lautstärke. Der Start eines Airbus A320 bewirkt in 450 Meter seitlicher Entfernung einen Schalldruckpegel in Höhe von 91 Dezibel. Hörschäden sind ab einer Beschallung von 80 bis 90 Dezibel an 40 Stunden in der Woche möglich. Potenzielle weitere durch Lärm hervorgerufene gesundheitliche Schäden sind beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlafstörungen oder psychiatrische Störungen. Eine weitere Folge von Fluglärm sind verminderte Immobilienwerte und Kommunikations- sowie Entspannungsstörungen, welche einen geringeren Freizeitwert bedeuten. Schätzungen der Europäischen Kommission zufolge belaufen sich die durch Verkehrslärm verursachten Kosten auf rund 40 Milliarden Euro jährlich in Europa.
Lärmgrenzwerte
In Deutschland gibt es keine festgelegten Grenzwerte zur Lärmeindämmung, denn der Staat verfolgt auf der einen Seite eine optimale Infrastruktur sowie einen starken Wirtschaftsstandort, auf der anderen Seite jedoch einen adäquaten Lärmschutz der Bürger im Flughafenumland. Bisher entschieden Gerichte anhand des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder anderen Richtlinien, denn selbst das Fluglärmgesetz regelt lediglich Lärmschutzbereiche in Flughafennähe. Entscheidungen fielen bisher meist zu Gunsten der Anwohner aus, wobei die groben Richtwerte bei 70 Dezibel am Tag und 60 Dezibel in der Nacht liegen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat darüber hinaus in einem Verfahren des Flughafen Wiens hervorgehoben, dass bei Großprojekten auch die entstehenden Vermögensschäden Privater berücksichtigt werden müssen. Dies stellt ebenfalls für den Flughafen in Frankfurt ein Problem dar, denn viele Anwohner werden wegen des Wertverlusts ihrer Immobilien aufgrund des Betriebs der Nordwest-Bahn klagen. Aus einer Studie geht hervor, dass der Fluglärm im Rhein-Main-Gebiet zu einem Wertverlust der Immobilien von bis zu 30 Prozent geführt hat.
Lärmteppiche
Sogenannte Lärmteppiche stellen dar, wie sich die Lärmemissionen beim Start und bei der Landung verteilen. Es wird eine Fläche mit dem erreichten bzw. überschrittenen Lärmpegel gezeigt, wodurch sich Fortschritte gut veranschaulichen lassen. Beim Start eines Airbus A320 werden beispielsweise 1,5 km² mit 85 dB(A) beschallt. Wie nachfolgende Abbildung sehr gut veranschaulicht, wird die Grenze von 60 dB(A) gemäß der festgelegten Lärmschutzverordnung am Tag nur an einer Stelle um maximal 5 dB(A) überschritten, wovon insbesondere die Gemeinde Raunheim betroffen ist. Im Oktober 2012 wurde hinsichtlich des Schallschutzes u. a. ein erhöhter Anflugwinkel von 3,2 Grad auf der Nordwestlandebahn festgelegt. Zudem werden neuere Flugzeuge immer leiser, weswegen auch die Lärmteppiche kleinere Ausmaße annehmen. Die Problematik liegt allerdings darin, dass zwar durch technische Verbesserungen der Schallpegel reduziert werden kann, die Anzahl der Flugbewegungen jedoch in Zukunft zunimmt, sodass sich effektiv die Lärmsituation eher verschlechtert.
Lärmreduktion
Um den Lärm zu mindern, gibt es sowohl aktive als auch passive Schallschutzmaßnahmen. Aktiver Schutz verringert die Lärmemissionen. Dies wird beispielsweise durch Vorgaben für die Flugzeughersteller, welche sich an Grenzwerte für Lärmemissionen für verschiedene Flugzeugbaumuster in Abhängigkeit des maximal zulässigen Startgewichts der Maschine halten müssen, erreicht. Ebenso tragen eine angepasste Flottenpolitik der Fluggesellschaften mit strengerer Überwachung der eingesetzten Fluggeräte sowie Einschränkungen des Flugbetriebs dazu bei. Passiver Schallschutz sorgt für verringerte Immissionen bei unveränderten Emissionen. Ein Exempel hierfür sind Lärmschutzbereiche mit Baubeschränkungen oder bauliche Schallschutzmaßnahmen wie Schallschutzfenster. Oftmals werden Lärmschutzzonen um den Flughafen errichtet, welche in Tag- und Nachtzone eingeteilt sind. In diesen Zonen sind keine neuen Gebäude zu errichten, bereits vorhandene erhalten eine Schalldämmung.
Zusätzlich finden finanzielle Anreize zur Lärmreduktion Einsatz. Nach Lärmzertifizierung gestaffelte Start- und Landeentgelte sind weit verbreitet. Viele Flughäfen erheben ihre Entgelte bereits anhand der tatsächlichen Lärmemission aufgeteilt nach Kategorien, welche von den Fluggesellschaften zu zahlen sind. Beim Flughafen Frankfurt zum Beispiel ist die Höhe der Gebühr abhängig von der maximal zulässigen Abflugmasse des Flugzeuges (MTOM), der Anzahl der Fluggäste, dem Gewicht der Fracht bzw. Post und der Lärmkategorie der Maschine. Die Einteilung in die jeweilige Kategorie wird durch die International Civil Aviation Organization im ICAO Annex 16 vorgenommen. Der Airbus A320 ist hier nach der ICAO Annex 16/3 und 16/4-Zuordnung in Kategorie 6 bemessen, welche für Lärmwerte zwischen 81,0 – 81,9 dB(A) steht. Dies erfordert ein Entgelt in Höhe von 160 Euro pro Flugbewegung. Findet ein Start- bzw. eine Landung außerhalb der Kernbetriebszeit von 6.00 – 22.00 Uhr statt, so werden zusätzliche Gebühren von bis zu 320 Euro fällig. Der Verkehrsclub Deutschland e. V. fordert ein einheitliches Nachtflugverbot für ganz Deutschland von 22.00 – 06.00 Uhr, schärfere Grenzwerte für Fluggeräte sowie eine Anpassung der Start- und Landegebühren an allen Flughäfen in Abhängigkeit der Lärm- und Schadstoffemissionen.